Gründe für eine generelle Streichung der Radweg-Benutzungspflicht aus der StVO 1. Die Behauptung, Radfahrer würden auf Radwegen sicherer fahren, wurde bisher nicht nachgewiesen. Eine Studie der BASt im Jahre 1994 sowie die Auswertung von Unfallstatistiken ergaben hingegen deutliche Hinweise darauf, dass Radwege und m.E. auch Radstreifen die Sicherheit von Radfahrern nicht erhöhen. Sie schaffen vielmehr einige zusätzliche Gefärdungen, z.B. durch - abbiegende Kfz an Einmuendungen und Grundstücksausfahrten - Konflikte zwischen Radfahrern, insbesondere durch "Geister- radler, die auf Radwegen besonders häufig anzutreffen sind - Konflikte zwischen Radfahrern und Fußgängern - Hindernisse, Belagschäden, parkende Kfz u.v.a.m. Hinzu kommt, dass die Benutzungspflicht von Radwegen im Jahre 1937 nicht wegen besser Sicherheit eingeführt wurde, sondern eindeutig, um die Straßen für den Autoverkehr frei zu bekommen. 2. Die StVO-Novelle von 1997 hat bisher weder zur Verbesserung der Qualität der Radwege noch zu einer nennenswerten Entschilderung von Radwegen geführt, die den Kriterien für eine Benutzungspflicht nicht gerecht werden. Da die Verwaltungsvorschriften zur StVO (VwV-StVO) nicht einklagbar sind, setzen sich die Strassen- verkehrsbehörden in vielen Fällen über diese Vorschriften hinweg. Hinzu kommt, dass die in den VwV-StVO genannten Kriterien sehr weit in verschiedene Richtungen auslegbar sind. 3. Die StVO würde wesentlich vereinfacht: Die mit der Benutzungspflicht von Radwegen zusammenhängenden Verkehrsregeln der StVO sind so kompliziert, dass sie weder von Radfahrern noch von anderen Verkehrsteilnehmern verstanden werden. Zum einen sind sich nur wenige Radfahrer über ihre Rechte und Pflichten im klaren. Dies äußert sich z.B. in der häufigen Benutzung von Gehwegen sowie dem verbotenen Linksfahren auf Radwegen. Seitens der Kfz.-Führer kommt es immer wieder zu Nötigungen, auch unzumutbare bzw. unbefahrbare Radwege zu benutzen. Das Recht der Radfahrer, nicht beschilderte Radwege zu meiden und statt dessen auf der Fahrbahn zu fahren, ist vielen Kraftfahrern, bisweilen sogar Polizisten, unbekannt. Eine generelle Abschaffung der Radwegbenutzungspflicht käme zudem dem Anliegen des Bundesverkehrsministerium nach Vereinfachung von StVO und Verwaltungsvorschriften entgegen. 4. Das Verkehrsklima würde verbessert, weil vorsätzliche Belehrungen und Gefährdungen von Radfahrern durch Autofahrer abnehmen würden. Je mehr Radfahrer auf den Straßen fahren, desto weniger treten derartige Verstöße auf. 5. Einige Radfahrer mehr würden auf der Fahrbahn fahren; die Verkehrssicherheit steigt dadurch direkt für diese Radfahrer und indirekt für alle. 6. Radwege würden qualitativ besser, weil die Möglichkeit die Benutzung zu erzwingen entfällt, statt dessen müssen Anreize geboten werden, sie zu benutzen, wenn sie in direkte Konkurrenz zur Fahrbahn treten. 7. Radfahrer könnten schneller fahren, ohne dass sich die Verkehrssicherheit verschlechtert. Dies macht die Nutzung des Fahrrades für Alltagsfahrer attraktiver. 8. Klare Kennzeichnung von Radwegen: Vorhandene Radwegschilder können zur Kennzeichnung von Radwegen stehen bleiben, wenn sie keine Benutzungspflicht mehr beinhalten. Damit weniger Notwendigkeit für Kompromisse wie freigegebene Gehwege; mehr Möglichkeiten für die Verkehrsplanung. 9. Niemand darf dazu gezwungen werden, sich erhöhten Unfallgefahren auszusetzen. 10.Es gibt keine klarere Aussage zur Gleichberechtigung des Radverkehrs und damit keine bessere Radverkehrsförderung, als die Aufhebung der Benutzungspflicht. __________________ Ausführliche Argumente GEGEN die Benutzungspflicht von Radwegen zu 3. Vereinfachung der StVO Die Radwegbenutzungspflicht ist eine Sonderregel in der StVO, die den meisten Leuten nicht bekannt ist und Verwirrung stiftet. Detailfragen wie - Welche Radwege sind benutzungspflichtig? - Welche Radwege dürfen benutzt werden? - Wo darf ich mit dem Rad auf Gehwegen? - Wie muss ich auf einem Radweg links abbiegen? - Welches Lichtsignal gilt für Radfahrer? sind selbst Leuten, die sich mit Radverkehr beschäftigen, oft unbekannt. Sogar Polizeibeamte und Rechtskundige verzweifeln manchmal daran, z.B. an solchen Vorschriften wie § 9 Abs. 2 Satz 5 StVO: "Sind Radverkehrsführungen vorhanden, so haben Radfahrer diesen zu folgen." Wie bitte? Man muß also von der Fahrbahn rüber auf die markierte Furt, die beim Umwandeln des Radwegs in einen Gehweg übrig geblieben ist und dann wieder zurück auf die Fahrbahn und das alles innerhalb einer Kreuzung? Durch den Wegfall der Benutzungspflicht entsteht Rechtssicherheit, die heute fehlt. So erkennt z.B. die Rechtsprechung überwiegend an, dass die Benutzungspflicht entfällt, wenn der Radweg verschneit oder vereist ist. Aber Polizisten schicken dennoch Radfahrer immer wieder vom Fahrbahn auf vereiste oder zugestellte Radwege, ja sogar manche Amtsrichter verhängen dafür Bußgelder. An was sollen sich Radfahrer da orientieren? Die einfache Regel "Radfahrer dürfen Radwege benutzen - müssen es aber nicht" ist hingegen für alle Verkehrsteilnehmer verständlich. zu 4. Weniger Repressionen / besseres Verkehrsklima für Radfahrer Die meisten "Verkehrserzieher am Steuer" versuchen, Radfahrer durch Hupen zur Benutzung von Radwegen zu nötigen, unabhängig davon ob sie benutzungspflichtig sind oder nicht. Manche Kraftfahrer meinen gar, eine Radwegbenutzung mit Drohung oder Gewalt durchsetzen zu müssen. Im Extremfall werden Radfahrer mit extrem geringem Seitenabstand überholt, abdgerängt, angefahren oder anderweitig gefährdet. Begründet wird solches Verhalten nur allzu oft mit der Radweg-Benutzungspflicht: Radfahrer dürfen ihrer Ansicht nach nicht auf der Fahrbahn fahren. Dies alles verschlechtert das Verkehrsklima. Radfahren wird unangenehm, wenn Radfahrer selbst auf radwegfreien Straße oder solchen mit nicht benutzungspflichtigen Radwegen belästigt oder bedroht werden. Nicht wenige haben deswegen das Radfahren aufgegeben oder fahren seltener. zu 5. Mehr Radfahrer auf der Fahrbahn - mehr Verkehrssicherheit Die meisten Radfahrer würden zumindest anfangs die gewohnten Radwege nicht verlassen und auf die Fahrbahn wechseln. Aber diejenigen, die es tun, fahren in den selben Straßen auf der Fahrbahn fast immer sicherer. Sie tragen gleichzeitig dazu bei, daß der Radverkehr stärker wahrgenommen wird. Auch das verbessert die Verkehrssicherheit der Radfahrer. Deutlicher wahrnehmbarer Radverkehr hat nebenbei zur Folge, dass die Öffentlichkeit das Fahrrad als vollwertiges Verkehrsmittel anerkennt. zu 6. Bessere Radwege Wer will, dass Radwege benutzt werden, muss Qualität bieten, da ohne Benutzungspflicht Wahlfreiheit zwischen Radweg und Fahrbahn besteht. Radfahrer werden nicht jeden Weg akzeptieren. Je schlechter er ist, desto weniger werden ihn benutzen. Gute Radwege brauchen keine Benutzungspflicht; sie werden von fast allen Radfahrern freiwillig benutzt. Die bestehende Lobby für Radwege wird also ohne Benutzungspflicht endlich an einem Strang ziehen und dort Qualität bauen und bieten, wo sie auch benötigt wird. Radwege werden besser. zu 7. Schnellerer Radverkehr - mehr Radverkehr Radfahrer sind die inhomogenste Gruppe der Verkehrsteilnehmer. Es sind alle Altersklassen, unterschiedliche Fähigkeiten und ein enormes Geschwindigkeitsspektrum vertreten. Gleichzeitig differieren auch die Wegzwecke. Wer nur im Freizeitbereich mit dem Rad fährt und viel Zeit hat, mag auf Radwegen sein Glück finden. Im Alltag jedoch haben die meisten Verkehrsteilnehmer Termine und wenig Zeit. Sie wählen daher das Verkehrsmittel, mit dem sie in akzeptabler Zeit ihre Wege zurücklegen können. Radwege aber bremsen. In den meisten Fällen ist man mit dem Fahrrad auf dem Radweg langsamer als auf der Fahrbahn. Dazu trägt die, um Sicherheitsdefizite etwas auszugleichen, zweckmäßige Verlangsamung auf Radwegen, ebenso bei wie bremsende Oberflächen, längere Ampelwartezeiten, Unmöglichkeit des Überholens anderer Radfahrer und Umwege durch Verschwenkungen, abartige Führungen oder auch durch Radwege erzwungene Wechsel der Straßenseite. Bei zeitkritischen Wegen verschlechtern daher Radwege die Konkurrenzfähigkeit des Fahrrads als Verkehrsmittel. Ohne Benutzungspflicht können die Radfahrer wählen, ob sie Radwege benutzen wollen. Die langsameren werden sie nutze als die schnelleren. Die dadurch erzielte Verkehrstrennung ist deutlicher als alle Radfahrer, vom langsamsten bis zum schnellsten, auf Radwege zu schicken. Radwege ohne Benutzungspflicht bremsen nicht. Schnelles Radfahren ist weiterhin möglich. Das Fahrrad kann für mehr Wege genutzt werden. Keine Benutzungspflicht bedeutet mehr Fahrradnutzung - ganz im Sinn des NRVP. zu 8. Mehr Freiheit für die Verkehrsplanung Viele Verkehrsplaner beklagen, dass sie fast immer nur die Wahl haben, entweder ein Radwegzeichen aufzustellen oder einen Gehweg für das Radfahren frei zu geben. Das liegt vor allem daran, daß die "mittlere" Variante, der für die Benutzung wahlfreie andere Radweg weder im Mischverkehr mit Fußgängern noch linksseitig möglich ist. Zudem sind andere Radwege kaum zu erkennen, weil es keine Möglichkeit gibt, sie zu kennzeichnen. Daher werden andere Radwege heue häufig durch Gehwege mit Freigabe für Radfahrer ersetzt. Auf diesen Gehwegen wiederum ist nur Schrittgeschwindigkeit zulässig. Das können die wenigsten Radfahrer einhalten, erst recht nicht diejenigen, die möglicherweise wirklich dort und nicht auf der Fahrbahn fahren sollten. Und so gut wie keiner hält sich daran. Hier wird ein massenhafter Verstoß gegen die Verkehrsregeln eingeplant und toleriert. Etliche Verkehrsplaner sind daher der Meinung, dass die Radweg- benutzungspflicht nicht nötig ist, ja dass sie aufgehoben gehört. Sie sind auch davon überzeugt, dass die meisten Radfahrer ihre "Produkte" freiwillig benutzen würden. Es würde der Verkehrsplanung mehr Gestaltungsfreiheit lassen, wenn sie Radwege als solche einfach kennzeichnen kann, ohne damit alle Radfahrer auf einen Weg zu zwingen. Es ist unmöglich, Radwege so zu bauen, dass sie allen Radfahrern gerecht werden. zu 9. "Freie Fahrt für freie Radfahrer" Selbst wenn Radwege wirklich zur Sicherheit beitragen würden: Warum müssen Radfahrer zu ihrem Glück gezwungen werden? Sollte man nicht einfach darauf vertrauen, daß sie selbst am besten wissen, was für sie gut ist? Jemanden zu einer größeren Selbstgefährdung auf Radwegen zu zwingen, widerspricht Art. 2 des Grundgesetzes. Gerade um nicht in diesen Argumentationsstau zu kommen, betont die Politik stets das Mantra von der Sicherheit der Radwege. Wer auf Radwegen fährt, sollte dies freiwillig tun. Es steht jedem frei, wie sicher er sich im Straßenverkehr fortbewegen will, solange er damit andere nicht gefährdet oder schädigt. Nur bei Radfahrern wird eine Ausnahme namens Radwegbenutzungspflicht gemacht. Entweder man versteht Radfahrer als vollwertige Verkehrsteilnehmer oder sie bleiben "Hilfsverkehr", den man zwangsweise auf irgendwelche Wege schicken kann. Ersteres wäre die Rolle, die ich von einen Nationalen Radverkehrsplan erwarten würde. Nur indem man Radfahrer als gleichberechtigt betrachtet und das auch in die Köpfe der Menschen bringt, kann man den Radverkehr fördern. zu 10. Ein deutliches Signal zur Föderung des Radfahrens Die Aufhebung der Benutzungspflicht würde deutlich machen: Radfahrer werden als Verkehrsteilnehmer wieder ernst genommen. Es ist eine klare und deutliche Aussage zur Gleichberrechtigung der Verkehrsteilnehmer und damit die bestmögliche Art, um Radverkehr zu fördern. Christoph Maercker/ADFC Magdeburg Bernd Sluka/VCD Passau Offizielle Zitate: "Es gilt als gesichert, dass die Führung der Radfahrer auf der Fahrbahn im Bereich des Fließverkehrs zu besserem Sichtkontakt zwischen Autofahrern und Radfahrern führt und damit vor allem die schweren Abbiegeunfälle mit oft tödlichem Ausgang an Kreuzungen und Einmündungen oder Grundstücksausfahrten reduziert bzw. gemildert werden." (Polizeipräsident Berlin) Weitere Informationen zur (Un-)Sicherheit von Radwegen sowie zu den Gruenden fuer die Abschaffung der Benutzungspflicht sind im Internet: http://vcd-m.org/radwege.html unc beim ADFC: http://www.adfc-frankfurt.de/ffa/2002/1/ (Artikel von R. Mai) aus http://www.adfc-nrw.de/aktuelles/aktuelles/article/landesverkehrsministerium-fuehrt-era-2010-ein.html "Das Landesverkehrsministerium hat diese Regelungen nun für Bundes- und Landesstraßen in NRW verbindlich vorgeschrieben. Außerdem empfiehlt es den Kommunen, die ERA ebenfalls bei der Planung anzuwenden; für vom Land geförderte Radverkehrsanlagen ist die Anwendung sogar zwingend." "Weiterhin stellt der neue Erlass klar, dass der Radwegebau auch dann finanziell gefördert werden kann, wenn die Radwege nicht benutzungspflichtig sind."